So, nun stelle ich den ersten Pressespiegel bereit. Zuvor gab es ja keinerlei Material. Nicht ein einziges deutsches Medium hatte etwas über möglicherweise konfligierende Interessen zwischen den Forderungen in der Vorlage zum Selbstbestimmungsgesetz und Frauenrechten und Jugendschutz publiziert.
Der einzige mir bekannte Beitrag dazu, in dem das Gesetz auch nur erwähnt wird, ist ein Interview vom September 2020 in dem schweizerischen Queer-Magazin Mannschaft. Auch in anderen Schweizer Zeitungen wie der NZZ wurde über deutsche Problematiken berichtet, nur nicht in Deutschland selbst. In hiesigen Medien fand sich bislang keine einzige kritische Stimme.
Vergangene Woche kam das Gesetz endlich ans Licht. Anschließend an einen Artikel von Thomas Thiel am 29.1.2021 in der FAZ häuften sich die Reaktionen und Meinungen in Kommentarspalten und Sozialen Medien, zudem wurden zwei weitere Beiträge publiziert, die hier erfasst werden.
Ein ausführlicher Pressespiegel wird hier gepflegt.
Inhalt
- Thomas Thiel – FAZ (29.1.21)
- Sibylle Krause-Burger – StZ (1.2.21)
- Götz Aly – Berliner Zeitung (2.2.21)
Thomas Thiel: Die Überwindung des Fleisches (FAZ, 29.1.2021)
Thomas Thiel veröffentlichte am 29.1.2021 in der FAZ (S. 9; Link 1 Link2) den Beitrag: „Die Überwindung des Fleisches“ , womit er die Blase platzen ließ.
Darin setzt sich Thiel kritisch mit dem Selbstbestimmungsgesetz und seinen möglichen rechtlichen wie sozialen Folgen auseinander. Mit dem Untertitel: „Die Transgender-Bewegung will das körperliche Geschlecht juristisch abschaffen: Über Risiken und Nebenwirkungen wird geschwiegen“ benennt er das, was er endlich gebrochen hat: Das Schweigen.
Es war auch höchste Zeit, denn am 2.11.2020 hat bereits die erste Anhörung zum „Selbstbestimmungsgesetz“ im deutschen Bundestag stattgefunden; die Ausschüsse tagen. Und viele der verantwortlichen Abgeordneten wissen – zahlreichen Interaktionen nach zu schließen – selbst gar nicht genau, was sie da eigentlich fordern.
Im Artikel beschreibt Thiel das Vorgehen der Akteure, die rechtlichen Auswirkungen und die medizinischen Praktiken. Dabei benennt er die zugrunde liegende Motivation:
„Die Überwindung des sterblichen Körpers, diesmal nicht durch einen Gott, sondern durch Technik und Sprachverwirrung.“
Thomas Thiel: Die Überwindung des Fleisches (FAZ, 29.1.21)
Und völlig treffend stellt er fest, dass die geäußerten Forderungen nicht etwa feministisch sind, sondern den Feminismus auflösen würden, weil sie die Auflösung der Frau bedeuten. On point!
Thiels Beitrag zog ein großes Echo in den Sozialen Medien nach sich, das auch in andere Zeitungen herüberschallte.
Sibylle Krause-Burger: Männer und Frauen als Auslaufmodelle (StZ, 1.2.2021)
Sibylle Krause-Burger veröffentliche am 1.2.2021 eine Kolumne in der Stuttgarter Zeitung (Link), in der sie „Männer und Frauen als Auslaufmodelle“ diskutiert.
Darin erzählt sie aus ihrer Kindheit. Sie wäre heute ein klassischer Tomboy, oder gender-nonconforming. Oder eben trans. (Der Utrechter Gender-Skala zufolge wäre sie es in jedem Fall gewesen. Ein Blick darauf lohnt sich, hier.) Sie entwickelte sich zu einer Frau, wurde nicht Journalistin, sondern auch Mutter – was ihr mit Genitaloperationen verwehrt geblieben wäre. Den vermeintlichen Fortschritt (wohin?) durch die Auflösung von „Frau“ und „Mann“ als fixer Begrifflichkeiten sieht sie mehr als skeptisch. Diese Freiheit ist nämlich keine.
„Was als Befreiungsschlag begonnen hat, macht sich gern selbstständig, überreißt in seiner Fortschrittsbegeisterung, radikalisiert sich und schlägt in Unfreiheit, in sektiererische Zustände um.“
Sibylle Krause-Burger: Männer und Frauen als Auslaufmodelle (StZ, 1.2.21)
Sie hält es nicht für unwahrscheinlich, dass es sich bei dem Transgendertrend um eine Modeerscheinung handelt. Und damit liegt sie richtig. Zu guter Letzt stellt sie noch einmal klar, dass bei all dem Gender-Gerede eines unveränderlich bleibt: die Binarität der Geschlechter. Denn das wird mittlerweile immer häufiger geleugnet.
Götz Aly: Grün-gelbe Dekadenz in Corona-Zeiten (BZ, 2.2.21)
Der preisgekrönte Journalist und Historiker Götz Aly veröffentlichte am 2.2.2021 in der Berliner Zeitung ebenfalls eine Reaktion zur „grün-gelben Dekadenz“ (Link). Er bringt die Problematik mit dem „Selbstbestimmungsgesetz“ auf den Punkt: „Falls es in Kraft treten, dürften wir alle Geschlecht und Namen ändern lassen“.
In dem Beitrag erläutert er kurz die kühnen Forderungen und Vorschläge im Gesetz und konstruiert den leider nicht unrealistischen Fall: Wenn er im „Adamskostüm“ in die Frauensauna ginge und die Frauen dort sich weniger begeistert darüber zeigen, könnte er sie verklagen – bis zu 2.500 € kann das kosten.
Er schließt seinen Beitrag mit einem Appell, den wir uns zu Herzen nehmen:
Überlegen Sie, liebe Leserinnen und Leser, sich bitte genau, wen Sie bei nächster Gelegenheit wählen – und wen nicht.
Götz Aly: Grün-gelbe Dekadenz in Corona-Zeiten (BZ, 2.2.21)
Und die Frage stellen sich gerade viele. Vor allem viele Frauen. Denn wenn die eigenen Rechte weg sind, bringen auch die tollsten, „feministischen“ Versprechen nichts.
Reaktionen aus der Politik
Bereits im Herbst 2020 haben viele Frauen aberhunderte E-Mails und Briefe versendet, Gespräche geführt, Antworten erfragt. Die Respondenz war oft erschütternd. Zahlreiche Abgeordneten waren unwissend, verständnislos, nicht zum Austausch bereit und teilweise regelrecht unverschämt. Sofern sie überhaupt reagierten. Die Zahl derer, die eine Stimme verdienen, wird geringer.
Wenn Sie eine Politikerin oder einen Politiker kennen, die oder der sich klar auf Seiten der Frauen stellt, dann teilen Sie es mir bitte mit unter vicfeuerstein<at>women-at-work.org. Denn diese Position ist für mich und viele andere Frauen wahlentscheidend.
Victoria Feuerstein, 2.2.2021